Aktion / Bericht
Rede zum Haushalt 2025
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, liebe Kolleginnen und Kollegen,
mit dieser Sitzung schließen wir die Haushaltsberatungen für 2025 ab und man kann sicherlich sagen: sie waren nicht nur eine Herausforderung, sondern in Teilen auch eine Zumutung. Die angespannte Haushaltslage in Verbindung mit vertraulichen Informationen, die frühzeitig öffentlich gemacht wurden und dadurch eine sachliche Diskussion einiger Themen unmöglich machten, führten schon zu einem schwierigen Start in die Beratungen. Neben der „üblichen“ Komplexität des Haushaltes kamen auch in diesem Jahr wieder Dutzende Anträge von Trägern und Vereinen auf unseren Tisch, die 81 Konsolidierungsvorschläge der Verwaltung galt es zu prüfen und zu bewerten und – als wäre das noch nicht genug – begleitete uns schon seit dem 2.Quartal eine Grundsteuerdiskussion, die bis zum heutigen Tage keine klare Rechtslage erkennen lässt. Dabei war es sicherlich nicht hilfreich, dass der eine oder andere Vorschlag aus der Sparliste verwaltungsintern offensichtlich nicht ausreichend kommuniziert wurde und ein Vorschlag sogar im Verfahren zurückgezogen wurde. Als politische Menschen im Ehrenamt sind wir wohl alle an Kapazitätsgrenzen gestoßen. Hier gilt die dringende Bitte an die Verwaltung, bei den nächsten Beratungen im dann neugewählten Rat eine bessere Unterstützung der Politik zu gewährleisten.
Das Ergebnis dieses Beratungsprozesses in und zwischen den Fraktionen war dann zusätzlich erstaunlich oder jedenfalls bemerkenswert. Es fand sich ein Bündnis zusammen, das im Rat nur sehr selten einen gemeinsamen Nenner findet: die Ampel. Auf Bundesebene gerade an zwischenmenschlichen Problemen und scheinbar unüberbrückbaren inhaltlichen Differenzen gescheitert fand man sich in Münster zusammen, um „Verantwortung zu übernehmen“, wie es aus dem Kreis der Verhandler hieß.
In der Tat eine erstaunliche Entwicklung. Wie konnte das gelingen? Wie konnten die inhaltlichen Differenzen angefangen von der Verkehrspolitik über die Sozialpolitik bis zur Umwelt- und Klimapolitik überwunden werden? Zwei Faktoren waren dafür maßgeblich: erstens hat die Ampel einen Schatz gefunden und zweitens hat sie sich auf eine Lebensdauer des Bündnisses geeinigt, die exakt einen Tagesordnungspunkt dauern soll; quasi ein „politischer One-Night-Stand“! Wie Sie gerade beim letzten Diskussionspunkt zur Bezahlkarte erlebt haben, hat die Ampel dort nicht zusammen abgestimmt und beim nächsten Punkt, bei dem es um die Grundsteuer gehen wird, werden wir das wieder erleben. Sicherlich historisch einmalig – nicht nur in der Stadtgeschichte Münsters. Und der Schatz? Während der Haushaltsberatungen konkretisierte sich die Planung der Landesregierung, die U3-Betreuung in KiTas mit etwa 17 Mio. € innerhalb der nächsten vier Jahre zu fördern. Wer jetzt denkt, das müsste doch ausreichen, um die Wünsche der beteiligten Fraktionen zu erfüllen, hat offensichtlich nicht mit den Begehrlichkeiten der Ampel gerechnet. Zusätzlich wird ein sogenannter globaler Minderaufwand in Höhe von 13,5 Mio. € veranschlagt. Dieses Instrument ist quasi eine Luftbuchung, mit der man eine fiktive Einsparung für die Zukunft beschließt, ohne jedoch eine konkrete Maßnahme dafür zu hinterlegen. Der Begriff kreative Haushaltsführung ist hier sicherlich angebracht. Somit standen schon 30 Mio. € bereit. Aber immer noch nicht genug: unsere Tochtergesellschaften Stadtwerke und Wohn- und Stadtbau werden verpflichtet, insgesamt 8 Mio. € an die Stadtkasse auszuschütten. Ein Betrag, von dem nur 5 Mio. € nach Gewinnsteuern übrigbleiben. Dem Stadtkonzern gehen also 3 Mio. € verloren. Hier sei die Frage erlaubt, ob es sinnvoll sein kann, zwei Töchtern das Kapital zu entziehen, wenn sie jeweils vor dem größten Investitionsprogramm ihrer Unternehmensgeschichte stehen. Solides Wirtschaften sieht sicherlich anders aus.
Nun stehen der Ampel also 35 Mio. € zur Verfügung und damit lässt sich doch einiges an ideologischer Politik umsetzen. Die SPD verkündet noch vor Beginn der Beratungen, dass die KiTa-Beiträge keinesfalls erhöht werden. Dabei ist es scheinbar egal, dass die Beiträge seit fünfeinhalb Jahren nicht mehr erhöht wurden und die Löhne in diesem Zeitraum um 21% gestiegen sind. Es spielt keine Rolle, dass nur noch 7% der Kita-Kosten von Eltern übernommen werden; für den Rest sind das Land und in zunehmendem Maße die Kommunen zuständig. Hier könnte die vorgeschlagene moderate einmalige Anhebung um 3% im Interesse einer fairen Lastenverteilung angemessen sein. Das wird aber nicht mehr diskutiert.
Dann kommt die FDP an den Verhandlungstisch und verkündet ihr Mantra, dass keine Steuern erhöht werden dürfen. Dies wird dann auch stolz als FDP-Handschrift verkündet. Leider hat man die Vergnügungssteuer vergessen, die dann doch erhöht werden soll.
Wenn man sich dann noch beispielhaft einige Maßnahmen, die die Ampel beschließen möchte, anschaut, wird deutlich, dass hier - nicht mehr überraschend - ein Haushalt in Schieflage herauskommt. Das Fahrradstellplätzeprogramm, mit dem endlich ausreichend Raum für Fahrräder im öffentlichen Raum geschaffen werden sollte, wird um 1,8 Mio.€ gekürzt und das Förderprogramm klimafreundliche Wohngebäude wird um 5,6 Mio. € bis 2028 reduziert. Der Kommentar der Koalition dazu: das Geld wird sowieso nicht abgerufen. Zunächst ist das für das Wohngebäudeprogramm schlicht falsch: noch in 2022 musste die Mittelvergabe zur Jahresmitte gestoppt werden, weil der Fördertopf in Höhe von 3 Mio.€ leer war; übrigens der gleiche Betrag, der jetzt noch im Topf verbleiben soll. Aber die Argumentation als solche zeugt auch von einer erschreckenden Resignation bei Themen wie Verkehrswende und Klimaschutz. Wenn es nicht genügend Ressourcen in der Verwaltung für das Stellplätzeprogramm gibt, müssen wir sie zur Verfügung stellen und wenn Häuslebauer die Mittel für eine Förderung von Energetischer Sanierung nicht abrufen, müssen wir das Förderprogramm attraktiver machen. Aber ein Zusammenstreichen der Finanzierung kann doch angesichts der gravierenden Auswirkungen des Klimawandels jetzt und in der Zukunft keine Lösung sein. Da passt es ins Bild, dass die Mittel für Baumneupflanzungen ebenfalls gekürzt werden sollen. Eigentlich sollten das ja Themen sein, die wenigstens den Grünen ein Anliegen sein könnten, aber das scheint wohl irgendwie in Vergessenheit geraten zu sein. Und auch im sozialen Bereich gibt es erhebliche Kürzungen der Ampel: für die Begleitung von Menschen mit Migrationsvorgeschichte bei der Jobsuche werden Trägerzuschüsse von einer halben Mio. € gekürzt, der Antrag des neuen Projektes Soziale Wohnraumagentur zur Unterstützung Wohnungsloser wird nicht einmal zur Hälfte finanziert und die wertvolle Arbeit von Indro bekommt nur etwa ein Drittel der dringend benötigten Gelder. So kommen weitere 2 Mio. € zusammen. Soziale Ausgewogenheit sucht man hier dann wohl vergeblich. Eine bemerkenswerte sozialdemokratische Handschrift.
Vielleicht kann man das ja als Verhandlungserfolg der FDP verbuchen? Sie rühmt sich allerdings mit zwei anderen Ergebnissen: dem Stellendeckel und dem 5.Steuerungsziel. Wie soeben von der Ampel beschlossen wird in Zukunft „Wirtschaft“ als 5.Steuerungsziel unser städtisches Handeln leiten. Da schon die ersten vier Ziele keine nennenswerten Effekte auf die Arbeit von Verwaltung und Rat haben, darf man hier getrost davon ausgehen, dass auch das fünfte Ziel keinerlei Effekt haben wird. Und: wer alles priorisiert, priorisiert gar nichts. Ja, der Stellendeckel: die Ampel beschließt ab 2026 ein Stellenmoratorium bei der Stadtverwaltung. Klingt erst einmal gut. Problematisch könnte allerdings werden, dass sich die Ampel ja nur für einen Tagesordnungspunkt (siehe oben) als Bündnis versteht. Welche Auswirkungen mag dieser Beschluss dann für die Haushaltsberatungen 2026 haben? Wahrscheinlich gar keine!
Was bleibt als Fazit? Wer wenig politische Übereinstimmung hat, sollte sich besser nicht gemeinsam in Verantwortung begeben. Am Ende kommt ein Haushalt dabei heraus, der bittere Einschnitte im Sozialbereich und im Klimaschutz mit sich bringt und lediglich die ideologischen Vorfestlegungen der sogenannten Partner berücksichtigt.
Abschließend bleibt mir noch, mich bei der Verwaltung für die intensive Begleitung während unserer Beratungen zu bedanken. Insbesondere gilt mein Dank der Kämmerei mit Frau Zeller und Herrn Möller an der Spitze. Ich bedanke mich auch bei den anderen Fraktionen für meistens faire und häufig auch kompetente Diskussionen in den Ausschüssen und im Rat.
Ich möchte allerdings nicht schließen, ohne doch noch auf ein sehr erfreuliches Ergebnis dieser Haushaltsberatungen hinzuweisen. Es ist der Haushaltsmehrheit – bei aller inhaltlichen Kritik – gelungen, sich zu einigen und damit die so oft beschworene Zusammenarbeit der demokratischen Kräfte nicht nur als leere Phrase in Sonntagsreden zu verwenden sondern im schwierigen politischen Alltagsgeschäft umzusetzen. Das ist bemerkenswert und beweist die gute Gesprächskultur in diesem Gremium.
Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit!