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aktuell aus dem Rathaus

Haushaltsrede des Ratsherrn Franz Pohlmann der Ratsgruppe Piraten/ÖDP zur Ratssitzung am 14.12.2016

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister! Liebe Anwesende!

Die Ratsgruppe Piraten/ÖDP wird den vorgelegten Haushalt ablehnen. Weil er nicht zielführend ist. Weil er nach wie vor intransparent ist; weil viele Entscheidungen einfach nicht nachvollziehbar sind.
Beispielsweise das unsägliche Thema Zuschussbericht: Die Entscheidung darüber, wer welchen Zuschuss erhält ähnelt oft einem Kuhfladenbingo. Um Licht ins Dunkel zu bringen, werden wir heute 3 Anträge zum Thema einbringen.
Das Beispiel Wolfgang Borchert Theater. Das Beispiel Südbad  - beides ziemlich nebulöse, intransparente  Entscheidungen.
Ein weiterer Grund unserer ablehnenden Haltung: Die Koalition spricht nicht mal mehr von einer Konsolidierungsabsicht. Das Ergebnis der Haushaltsberatungen fällt nun sogar schlechter aus, als der Verwaltungsvorschlag....

Selbst wenn es einen Sparwillen gäbe, wäre er nutzlos. Wir reden über Summen im 2 stelligen Millionenbereich, die uns dauerhaft fehlen! Sollen wir das Theater schließen? Diese 20 Millionen jährlich wären jedenfalls eine ernst zu nehmende Größenordnung bei der Konsolidierung. Das wollen wir natürlich nicht!

Münster ist haushalterisch eigentlich sehr gut aufgestellt (vergleichende Studie FH, Prof. Schulte) – damit das so bleibt braucht es den Mut auch unkonventionelle Entscheidungen zu treffen!

Wir haben im Vergleich riesige Gewerbesteuereinnahmen und  trotzdem reicht es nicht. Auch weil wir maßlos werden. Wir – damit meine ich nicht nur uns als Kommunalpolitiker – Wir, das ist unsere einzig am Konsum orientierte Gesamtgesellschaft. Konsum als allein selig machende Droge. Aber wie ich schon hier mal Wolfgang Schäuble zitiert habe: „Ohne Maß ist die Freiheit der Ruin!“
Oder nach Gandhi: „Die Welt hat genug für jedermanns Bedürfnisse, aber nicht für jedermanns Gier!“

Ich glaube, dass Herr Reinkemeier ein sehr guter Kämmerer ist. Aber was kann er für diese verrückten Zeiten? Dass Dispo Kredite billiger sind als langfristige Investitionskredite?
Dass wir bestraft werden, wenn wir gut da stehen, Stichworte Schlüsselzuweisungen, Solidarpakt Stadtfinanzen! Dass andere keine Notwendigkeit sehen, ernsthaft zu sparen: Siehe stetig steigende Landschaftsumlage! Dass der Bund auf Kosten der Kommunen die schwarze null hält!

 Mut zu unkonventionellen Entscheidungen:

Die Bevölkerung in Deutschland wird nicht wachsen. Auch nicht durch die vielen Flüchtlinge. Warum muss Münster wachsen?

Bürgermeister Gerd Joksch sagte im AUKB im Oktober: „Ein stetiger Wachstumsprozess kann ein schlimmes Ende nehmen, wenn er zu Lasten der Nachhaltigkeit und Lebensqualität und einer „grünen“ Zukunft geht!“
Herr Joksch hat es richtig formuliert: Stetiges Wachstum geht zu Lasten der Zukunft.
Übrigens ist auch ein nachhaltiges Wachstum ein grenzenloses Wachstum und  widerspricht damit den Naturgesetzen.

Wir müssen weg vom Wachstumswahn. Wir glauben nicht, dass alle Münsteraner glücklich mit den Veränderungen sein werden, die eine rasant wachsende Stadt mit sich bringt.
Wachstum bringt bergeweise Probleme: Steigende Personalkosten in der Verwaltung, Kosten durch Ausbau der Verkehrs-, Bildungs- und Sozialinfrastruktur, Höhere Umweltbelastungen durch massive Flächenversiegelung, mehr Lärm,  höheren Energieverbrauch, die Änderung des Kleinklimas: In der Summe wird die Lebensqualität sinken!!

Bremsen wir das Wachstum, erhöhen wir die Lebensqualität, meine Damen und Herren!

Umdenken ist angesagt! Mut zu unkonventionellen Entscheidungen!Vorschläge? Bitte schön!

Rückbau von Straßen zu Gunsten von Rädern und ÖPNV

Einführung einer Citymaut!

Mehr Bahnhaltepunkte!

Ein Förderprogramm für die Schaffung von Wohnraum durch Teilung überdimensionierten Wohnraumes!

Wie wär's mit einer Münsterabgabe für den Erhalt von Münsterstandards?

Wie wäre es mit der Weigerung, Gesetze umzusetzen, deren Finanzierung nicht gewährleistet ist? Beispiel Inklusion!

Damit würden wir Aufmerksamkeit erregen und vielleicht Vorreiter für ein Umdenken auch auf höherer Ebene.

Mir fällt da noch einiges mehr ein...geht aber nicht in der Kürze der Zeit!

Noch ein Wort zum Bürgerentscheid:

Für mich ist der Ausgang ein ganz deutliches Signal, dass viele Menschen satt sind – um nicht zu sagen: übersättigt! Sie wollen wieder als Mensch wahrgenommen werden und nicht nur als Homo oeconomicus, reduziert auf ein Dasein als Wirtschaftsfaktor. Dies ist doch schon heute in vielen Lebensbereichen die Crux: Von unzureichenden Betreuungsschlüsseln in Kitas über zu große Schulklassen, dem unterfinanzierten Gesundheitssystem bis hin zu den teilweise unzumutbaren Zuständen in der Versorgung alter Menschen. Alles nur der Reduktion des Menschen auf einen Wirtschaftsfaktor geschuldet.

Ich weiß, diese Probleme können wir auf kommunaler Ebene nicht lösen. Aber auch wir können wieder den Menschen in den Mittelpunkt unserer Politik stellen und unsere Entscheidungen nicht ausschließlich unter das Diktat der Wirtschaftlichkeit stellen. Darauf zielt mein Appell!

Zum Schluss dazu noch ein ganz konkreter Vorschlag der Ratsgruppe Piraten/ÖDP für die nächsten Haushaltsberatungen:

Lassen Sie uns in Anbetracht der drohenden Haushaltssicherung im nächsten Jahr gemeinsam die Verantwortung übernehmen.

Lassen Sie uns beschließen, dass die Verwaltung im kommenden Sommer einen Basishaushalt aufstellt, der sich an einem von der Bezirksregierung schon bald geforderten Haushaltssicherungskonzept orientiert. Natürlich müssen darin auch die gesetzlichen und vertraglichen Regelungen berücksichtigt werden. Im Falle der Haushaltssicherung sollte dieser Haushalt aber schon genehmigungsfähig sein.
Und in den Haushaltsberatungen 2017 satteln wir dann auf – so weit wie möglich – und so lange wir das noch dürfen.
Das wäre ein transparenter Haushalt! Dann wüssten wir Ratsleute und auch unsere Bürger was wir uns wirklich leisten können und wo Münster wirklich steht!

Vielen Dank für ihre Aufmerksamkeit!

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