Pressemitteilung
Die ÖDP begrüßt das Scheitern des Leuchtturmprojektes Musikcampus
Ein weiteres Mal liegt der Musikcampus dem Rat der Stadt Münster zur Abstimmung vor. Durch den eingebrachten Änderungsantrag der Koalition, unterstützt von FDP und Linken wird das Projekt absehbar im Rat scheitern. Wir begrüßen das! Wir waren letztes Jahr dagegen und sind es nach den jüngsten Entwicklungen jetzt umso mehr. Unsere Meinung lässt sich in drei Kernpunkte zusammenfassen: 1. Es gibt keine Synergien! 2. Der Apothekergarten ist zu schützen! 3. Wir können und sollten uns es nicht leisten!
Es gibt keine Synergien!
Der Musikcampus soll MusikerInnen in Münster unter ein Dach bringen; Synergien beim Bau aber vor allem im Betrieb nutzbar machen. Dies war der zugegeben charmante Gedanke des Projektes Musikcampus: Musikschule und Musikhochschule brauchen neue Räume, es fehlt dem Symphonieorchester (angeblich) ein angemessener Konzertsaal – Ein Projekt, ein Bau, alles in einem vereint! Dieser Traum ist geplatzt. Der Landesbaubetrieb darf nur für die Universität die Räume der Musikhochschule bauen, nicht aber für die Stadt Münster die Westfälische Schule für Musik. Für den Konzertsaal muss eine GmbH gegründet werden, zwischen Land und Stadt. Der Musikcampus wird daher drei Gebäude bekommen, von drei Bauherren separat geplant, finanziert, mit unterschiedlichen Standards ausgeschrieben. Aus dem Traum des Gemeinschaftsprojektes wird der Alptraum eines Großprojektes, mit drei Parteien, die nicht zusammen und schon gar nicht füreinander arbeiten dürfen, aber zeitgleich ein gemeinsames Ergebnis liefern sollen.
Und nach dem Abschluss des Baus? Werden drei Gebäude, die von drei Parteien geplant, finanziert und dann betrieben werden allen Musikmachenden in Münster wirklich gemeinsam offen stehen? Wohl kaum. Der Kerngedanke eines gemeinsamen Musikbaus an einem Ort in Münster lässt sich nicht realisieren. Damit gibt es keinen guten Grund mehr für dieses Projekt.
Der Apothekergarten ist zu schützen!
Der Bau wird im „Apotheker-Garten“ entstehen. In diesem Garten wurden während des Universitätsbetriebes Arzneipflanzen angebaut. Der Garten liegt seit Jahren brach und bildet nun eine grüne Oase in der Stadt – es ist ein abgegrenzter Ort, in dem sich durch ausbleibende menschliche Eingriffe eine ökologisch wertvolle Vielfalt entwickeln konnte. Durch die Realisierung des Projekts wird dieser Ruheort unumkehrbar zerstört. Es gibt zwar den guten Willen, den Campus behutsam in dieses Umfeld einzuplanen, aber man muss kein Hellseher sein, um sich eine solche Planung auszumahlen: Im besten Fall bleiben ein paar Bäume stehen und es entsteht ein in geordneten Bahnen getrimmter Park, in dem Konzertgäste in der Pause flanieren können.
Durch die Tatsache, dass Musikhochschule, Konzertsaal und die Westfälische Schule für Musik nicht gemeinsam gebaut werden können, wird es zwingend drei Gebäude geben. Drei Gebäude mit entsprechend hohem Platzbedarf. Die Stadt muss die Westfälische Schule für Musik ausschließlich auf ihrem Grundstück errichten, und das ist eben der Apothekergarten. Im Vergleich zu 2022 wird die Grünfläche im grünen Herzen von Münster, direkt angrenzend an den Schlossgarten und seiner Gräfte also besonders stark dezimiert werden.
Wir können und sollten es uns nicht leisten!
Die Finanzlage der Stadt ist alles andere als rosig und sie wird sich absehbar auch nicht verbessern. Durch ein stark gestiegenes Zinsniveau und höhere Aufwendungen für Sozialtransfers ist die Haushaltslage stark angespannt. Es fehlt sozialer Wohnraum, aufgrund der steigenden Einwohnerzahlen kommt die Stadt mit dem Bau von Kitas und Schulen nicht hinterher. Das angestrebte Ziel der Klimaneutralität erfordert kaum finanzierbare Maßnahmen in der Energieinfrastruktur und kostspielige energetische Sanierungen städtischer Gebäude. Das Geld fehlt also an allen Ecken und Enden. Ist daher eine Investition dieser Größenordnung im Bereich Kultur angemessen und in diesem Maße notwendig? Um welche Kultur geht es hier, wer wird davon profitieren?
Wir sind überzeugt, dass Räume für Musikhochschule und für die Westfälische Schule für Musik in getrennten Projekten und in rationaler Ausführung (ohne den Anspruch eines Leuchtturmprojektes) deutlich kostengünstiger umzusetzen wären. Dies ist unser Gefühl. Ob es stimmt, kann nicht beantwortet werden, denn eine konkrete städtische Planung zu einem solchen Alternativkonzept gibt es nicht.
Bei der Konzerthalle ist das anders. Diese Halle braucht niemand und wir sind uns sicher, dass die Mehrheit der Münsteraner sie nicht möchte. Der Bürgerentscheid 2008 lehnte den Bau einer solchen Halle mit klarer Mehrheit ab und damals ging es im Vergleich um eine lächerliche Summe von nur 30 Mio. Euro. Ein erneuter Bürgerentscheid zum Musikcampus wäre richtig und wichtig, um die Behauptung der Befürworter zu prüfen, dass es eine breite Mehrheit in der Bevölkerung gebe.
Wir befinden uns im Krisenmodus. Eine Ausgabe von 85 Mio. € für einen Konzertsaal, der im Wesentlichen dem Symphonieorchester dienen wird, lässt sich nicht vermitteln. Das Stadttheater ist als Aufführungsort für das Symphonieorchester nicht zumutbar? Wirklich? Die Meinung der Bevölkerung zu dieser These würde uns interessieren. Wer wird den Saal und die Probenräume nutzen können? Der Musikcampus gibt angeblich auch der sogenannten freien Musikszene Raum? Wer ist diese freie Szene? Welche Musik macht sie und über welche Mittel verfügt sie? Nach unserer Vorstellung handelt es sich dabei um Menschen, die Spaß und Kraft in der Musik suchen, die keine Mietverträge mit der Stadt schließen wollen, die ohne finanzielles Risiko Aufführungsorte suchen, Konzerte veranstalten wollen, bei der der Spaß und nicht der Profit im Fokus steht. Menschen die Trash Metal, Weltmusik oder ein Kinderkonzert spielen und nicht Tristan und Isolde. Diese Menschen werden sicherlich nicht im Musikcampus den freien und kreativen Ort finden, den sie brauchen und suchen. Das Verhalten der Stadt am Beispiel Gasometer, B-Side, Haverkamp zeigt deutlich – eine freie Kulturszene ist im Grunde nicht erwünscht. Wer kein Geld hat, bekommt keine Räume, es sei denn die Stadt organisiert die Kultur selbst. Der Aspekt „freie Szene“ ist unserer Meinung nach reines Blendwerk, um dieses unverschämt teure Projekt weniger angreifbar zu machen. Das Budget für die Unterhalskosten des Konzertsaales für ein Jahr würde reichen, um freie Projekte wie den Sozialpalast im Gasometer für 20 Jahre zu finanzieren.
Gez. Michael Krapp